Weh-Geh-Weh Willis Gastro Werkstatt Heute: Vierschänkentournee Teil 15
Jetzt fliegen die in Berlin komplett
aus der Spur. Die Stadtverwaltung hat ja vor Jahren schon
beschlossen, dass neu zu taufende Straßen so lange nur noch
Frauennamen erhalten werden, bis Berlin ebensoviele nach Frauen
benannte Straßen wie nach Männern benannte Straßen aufweist. Was
per se ziemlich Schwachsinn ist, da die Benennung von Straßen jetzt
weniger ein Instrument zur Geschlechtergleichstellung als eine
Würdigung historischer Verdienste sein sollte. Und wenn sich rund
neunzig Prozent der elfhundertjährigen Stadtgeschichte zu Zeiten
abgespielt haben, da Frauen eher den heimischen Herd warmgehalten
hatten, denn Heere in die Schlacht geführt, große Opern und
Sinfonien komponiert oder sich als Heimatdichter betätigt, dann ist
es jetzt nicht wirklich diskriminierend, wenn neunzig Prozent der
Straßen zum Beispiel nach irgendwelchen Wilhelms heißen. Und nicht
nach Wilhelminen. Dass ein Kerl, der heute was leistet, keine Straße
bekommt, weil er quotenmäßig nicht dran ist, würde mich wirklich
bedrücken, wenn denn irgendwer in Sicht wäre, der in Berlin noch
etwas leistete.
Aber wie das mit der
Betroffenheitskirmes so ist, wenn die erst einmal auf Touren kommt,
dann gibt es keine Grenzen mehr. Die Stadtverwaltung legt nach und
beschließt nun, die nächsten zwei Straßen müssten zwingend nach
Lesben benannt werden, da unter den viel zu wenigen Namenspatroninnen
Lesben noch einmal besonders dramatisch unterrepräsentiert seien.
Ich finde das etwas zu unambitioniert. Wäre es vielleicht möglich,
eine linkshändige, muslimische, behinderte Transgenderlesbe mit
Migrationshintergrund zu finden? So rein quotentechnisch sollten wir
es uns schließlich nicht zu leicht machen! Wie wäre es zum Beispiel
mit Conchita Wurst? Was die nicht alles für Berlin geleistet hat!
Aber Wurst ist krebserregend, sagt die WHO, und so wird das wohl
nichts werden.
Flughafen Schrott? Kein Problem!
Bürgerkriegsähnliche Zustände am LaGeSo, das mit den Flüchtlingen
völlig überfordert ist? Kein Thema! Die Berliner konzentrieren sich
auf das Wesentliche und suchen erstmal nach Lesben für ihre
Straßennamen. Manchmal habe ich gewisse Sympathien für diejenigen,
die den Glauben daran verloren haben, dass unser Gemeinwesen noch
irgendwie zu retten sein könnte.
Das alles könnte in Vonnas nicht
passieren. Vonnas, das ist das Städtchen in der Bresse, wo die
Hühner noch Hühner und nicht Lesben sind. Vonnas ist nur eine
Person, Georges Blanc. Der hat dort vor fast 50 Jahren angefangen,
das Gasthaus seiner Eltern zu einem Gourmettempel auszubauen. 1981
zog der dritte Michelinstern über dem Haus auf, als Fixstern, denn
er steht bis heute dort. So ist über die Jahre auch ordentlich Geld
reingekommen, was Georges Blanc in mehrere Hotels, mehrere weitere
Restaurants, ein Café, einen Andenkenladen mit Wein, Süßwaren,
Käse, Wurst, Pasteten etc., ein Spa, einen Küchengeräteladen und
einige andere Etablissements investiert hat. "Le Village
Gourmand" heißt dieser Ortsteil des ansonsten maximal eine
Handvoll Gewerbesteuerzahler aufweisenden Vonnas inzwischen - und
hält mehrere hundert Leute in Lohn und Brot.
Ich hatte bei Georges Blanc vor etwa
zwanzig Jahren eines der besten Diners meiner gesamten
Fressigelkarriere, war seitdem nie mehr so recht in die Gegend
gekommen. Höchste Zeit also, wieder einmal vorbei zu schauen, zumal
der Herr Blanc inzwischen schon 72 Jahre auf dem Buckel hat und
irgendwann ja wahrscheinlich auch an einen Nachfolger übergeben
wird. Also nix wie hin, mit ordentlich Appentenzverhalten im Gepäck.
Aber irgendwie, also ich weiß nicht...
Es fing an mit den Göckeln. Die sind das Wahrzeichen der Bresse und
auch von Georges Blanc, der sie doch etwas sehr penetrant einsetzt.
Schon vor dem Lokal steht Hühnerkunst in Metall, Pappmaché, Glas,
Keramik, Stein und Kunststoff zweckfrei in der Gegend herum, im
Eingangsbereich geht das weiter, auf den Tischen, den Tellern, an den
Wänden, überall Göckel, eher aufdringlich und nicht immer elegant.
Das war früher mal deutlich stilvoller und nicht so
verkitscht-überladen. Na ja, Apero im Salon, der erfreulich
gockelarm eingerichtet ist. Dafür schaut die Prominenz auf uns
herab. Ehrlich! Die Blancs haben es fertig gebracht, ein etwa sieben
mal drei Meter großes Poster auf die Wand zu ziehen, auf dem die
prominentesten Gäste der letzten fünfunddreißig Jahre
zusammengefotoshopped sind. Giscard, Mitterand, Sarkozy (na gut, der
fällt nun doch wieder unter Gockel), Delon, Ventura, Reno, Georges
W. Bush, Gorbi und viele andere mehr. Wenig Frauen, noch weniger
Lesben, fällt mir gerade so auf. Aber egal! Die entscheidende Frage
ist eine andere: Was will uns der Gastwirt damit sagen? Will er
angeben? Will er zum Ausdruck bringen, wie gut er kocht, dass sogar
diese tollen Leute zu ihm kommen? Da man ja weiß, dass zumindest
Politiker in der Regel wenig vom Essen verstehen, ginge die Rechnung
kaum auf. Braucht er das für sein Ego? Seltsam, seltsam, ich fand es
in dieser Überlebensgröße schlicht protzig und stillos. Schwerer
Fall von Bocusitis.
Nun ist der Igel kein Unmensch
(Unigel?). Entscheidend ist auf dem Teller, alles andere wird
verziehen. Aber es beschlich mich doch so eine vage Furcht, dass hier
der - wohlverdiente - Ruhm der Vergangenheit auch deswegen so
vehement in den Vordergrund gestellt werden könnte, weil im hier und
heute nicht mehr ganz so viel Glanz über den Tellern strahlt. Eine
böse aber berechtigte Vorahnung.
Erst einmal kamen die Amuses, lieblos
und charmefrei auf den Tisch gesetzt, ja fast gepfeffert. Auf einem
Silberplateau, das mit einem billig wirkenden, kreischroten
Geschenkpapierstreifen dekoriert war, auf den lauter - richtig! -
Bressegöckel gedruckt waren. Eine gute aber irgendwie belanglose
Stopfleber. Ohne jede Zutat, die dem Grundprodukt irgendwie einen
sternewürdigen Pep gegeben hätte. Deutlich besser die Schnecke in
einer zarten, feinen Knoblauchsauce. Serviert in einem Silberbecher,
der auf einem silbernen Hühnerfuß (Bressehuhn!) stand. Was die
Schnecke mit dem Huhn zu tun hätte, wurde nicht aufgeklärt. Drittes
Amuse: Ein Stück Kaisergranat mit angesenftem Olivenöl, nothing to
write home about aber ganz nett. Insgesamt wirkte das alles
unerwartet lieblos und uninspiriert.
Wir orderten dennoch tapfer das große
Menü und wurden in den Gastraum geleitet. In dem gefühlt 150
Personen Platz hätten, das Ding ist riesig. Sieht man auf den ersten
Blick gar nicht, weil immer wieder mal irgendwo etwas angebaut worden
ist. Insgesamt aber lässig das Format einer Turnhalle. 300 Syrer
könnte man hier wohl unterbringen. Die Turnhalle ist eher
uneinheitlich dekoriert, Tapisserie hier, leicht angeschmutztes
Glasdach dort, Backsteinboden da, gelegentlich auch mal eine
Holzvertäfelung zwischen den Tapisserien. Verbindendes Leitmotiv
sind die großzügig über den Saal ausgekippten Göckel, mal als
Statuen, mal als Bilder. Außerdem waren auf den Tischen Nummern
aufgestellt. Für mich ein Novum in der Spitzengastronomie. Die haben
ernsthaft Sorge, dass die Gänge sonst an den falschen Tisch
geliefert werden: Auf den Tabletts stehen auch Nummern, so dass der
Kellner nur die zur Nummer auf dem Tablett passende Tischnummer
finden muss. Offenbarungseid des Service, anders kann man das nicht
nennen!
Beklagenswert charmefrei wurde nun der
Omble Chevalier auf dem Tisch deponiert. >Nett angerichtet aber
stark, nein, viel zu stark geräuchert, auf einer bedenklich an
Tomatenketchup erinnernden Sauce. Die mit einer alles andere als
feinen Cocktailsauce um die Lufthoheit über dem Fisch kämpfte. Den
Ausgang des Kampfes beobachtete ich eher entspannt, da keine der
beiden Saucen zum Fisch passte und die Räucherung sowieso alles
andere erschlagen hätte. Mit auf dem Teller befanden sich noch ein
Artischockenstück, ein viel zu mayonnaisiges Erbsenpüree und
zweierlei Karotten. Die Möhren waren richtig toll, doch auf dem
Teller passierte leider gar nichts. Keinerlei Interaktion zwischen
den Komponenten, nicht nur die Saucen bissen sich, auch die Erbsen,
die Karotten und die Artischocken wollten nichts voneinander wissen,
schwiegen sich an. Ein Schlag ins Wasser, für so ein Gericht gibt es
nicht nur keine drei Sterne, dafür gibt es überhaupt keinen Stern.
Der Service blieb distanziert und
mechanisch. Trotz der Reste auf dem Teller wurde nicht gefragt, ob es
geschmeckt/nicht geschmeckt habe. Wahrscheinlich aus gutem Grund.
Auch nach neuem Brot musste man fragen.
Als nächstes wurden Hechtklößchen
aufgefahren. Mit Krebsfleischnocken und grüner Sauce aus
geräuchertem Haddock, Kresse und Spinat. Dazu zwei grüne
Spargelspitzen. Recht gut war nur das Krebsfleisch, das leider
komplett mit Kreuzkümmel zugedröhnt war. Ein objektiver
Gastrokritiker müsste diesen Overkill heftig tadeln, der Igel ist
aber Subjektivist und mag Kreuzkümmel. Insofern freute ich mich,
dass mir wenigstens etwas schmeckte. Die Hechtklößchen hingegen
waren außerordentlich "traditionell" hergestellt, was hier
als Synonym für kotzgrottenlangweilig dienen mag. Das schmeckte nach
Kurort für Magenkranke in den Sechzigern. Wo ist der Sterneeffekt,
die Offenbarung? Auch die grüne Sauce lieferte das nicht, weil sie
weder zum Hecht noch zu den Krebsen passte. Wollen die uns auf die
Schippe nehmen? Wo steht die versteckte Kamera?
Zumal es nicht besser wurde. Der
Kaisergranat mit schwarzem Knoblauch, konfitiertem Fenchel und
Lakritzsauce war noch gruseliger. Mehliges Krustentier,
geschmackloser Knofel, dazu eine alles andere als passende,
wenngleich für sich - als Süßigkeit - genommen ganz nette
Lakritzsauce. Nur der mit Cumin und Zitronensaft aromatisierte
Fenchel machte wirklich Spaß. Drei Gänge gegessen, noch immer nicht
der Hauch eines Anflugs von Hochküche, nichts hätte auch nur einen
einzigen Stern verdient. Keinerlei Harmonie, das Grundübel ist immer
wieder das kompositorische Analphabetentum der Küche, man versteht
es einfach nicht, Harmonien zu entwickeln. Und schon gar nicht, aus
bekannten Zutaten neue, überraschende Effekte zu zaubern. Die Dinge
auf dem Teller scheinen eigenen Gravitationsfelder zu haben und sich
gegenseitig abzustoßen.
Übrigens wird das Essen unter großen
Silberglocken gebracht. Der Weg von der Küche bis in die hinteren
Ecken der Turnhalle ist halt arg weit.
Das Verhängnis nahm seinen weiteren
Verlauf. Nun gab es Kalbsbries mit Morcheln und Krebsschwänzen auf
hausgemachen Nudeln mit Timutpfeffer. Punkt eins: Die Nudeln waren
prima. Punkt zwei: Die Krebsschwänze waren elendiglich mehlig. Punkt
drei: Als Sauce wurde nicht Morchelrahm angegossen, sondern Krebsjus.
Rot, tomatig, sinnlos, weil er die Krebse nicht vor der Mehligkeit
rettete und - viel schlimmer - die ohne jede Sahne gekochten Morcheln
nicht wachküsste, sondern erschlug. Ohne Sauce waren sie allerdings
auch nicht besser, Morcheln brauchen Sahne, das weiß man, das ist
bekannt! Die hatten sie nicht bekommen, sie waren einfach nur
eingeweicht und in der Pfanne gebraten worden. Was einen wunderbar
aromenarmen unterholzig-säuerlichen Geschmack herausbrachte. Endlich
etwas Innovatives, was man so noch nirgendwo hatte! Denn Morchelrahm
kann eigentlich jeder. Den musst Du erstmal versauen! Das Bries
ebenfalls mehlig, ohne Salz und Pfeffer, uninteressant. Ein völlig
ruiniertes Gericht. Ich wurde spontan innovativ und erfand ad hoc
Minussterne.
Der Herr Blanc war allerdings auch
keine einzige Minute in seiner Küche. Erst saß er eine Stunde vor
der Promi-Fototapete im Salon, dann machte er 90 Minuten lang die
Runde durch den Saal, signierte Speisekarten. Zwischendrin klingelte
ihm immer wieder das Handy, dann telefonierte er halt im Gastraum.
Auf Nachfrage verriet mit der Oberkellner, der Chef koche nicht mehr
selbst, der Sohn habe übernommen. Tja, die einen übergeben an einen
Meilleur Ouvrier de France (Bocuse) der mit solider Handwerkskunst
wenigstens noch Zweisterneniveau anbietet, die anderen ziehen sich
einen Spitzennachfolger heran (Guerard) und bei wieder anderen haben
die Söhne Talent (Haeberlin, Troisgros). Hier ist es eher ein Fall
von La Gloire de mon Pere. Der Ruhm des Vater wird bis aufs Blut
vermarktet, wahrscheinlich in der Hoffnung, dass sich nicht zu
schnell herumsprechen möge, wie das Niveau unter dem Sohn abgesackt
ist. Family Business - wobei das in Sizilianerkreisen ja durchaus
einen Nebenbedeutung hat.
Eigentlich war nun der Zeitpunkt
gekommen, wo ich das Lokal verlassen hätte. Weil die bisherigen
Gänge hinreichend deutlich gemacht hatten, dass es da einer einfach
nicht kann. Es gab keine Aussicht auf Besserung, wie soll aus der
Küche, die diese vier Saucewaterloos im wahrsten Sinne des Wortes
angerichtet hatte, noch etwas Vernünftiges kommen? Die beste Igelin
von allen hielt mich zurück, sie wolle kein Aufsehen, und man habe
das doch schließlich alles bezahlt. Ja, und? Auch wenn ich dafür
bezahlen muss, brauche ich das doch nicht bis zum bitteren Ende zu
ertragen? Aber wie das so ist, wenn die beste Igelin von allen etwas
wünscht, so ist es mir nur zu oft Befehl. Wir blieben also sitzen.
Was gut war, weil wir sonst den Tiefpunkt des Abends verpasst hätten,
die Tourte Bourgeoise. Geschmacklich so tief im Marianengraben, dass
keiner von uns beiden mehr als einen Bissen über die Lippen brachte.
Was etwas heißen will, denn es gilt für den Gourmet-Igel in diesen
Monaten an sich Speck für den Winterschlaf anzufressen. Aber diese
Tourte bestand praktisch nur aus Haut Gout. Sie ging fast unberührt
zurück - und es geschah ein Wunder. Der Maitre fragte tatsächlich,
ob etwas nicht recht gewesen sei. Und hier war es ausgesprochen
hilfreich, dass die beste Igelin von allen des Französischen nur
sehr eingeschränkt mächtig ist, denn nun kam der Maitre in den
Genuss eines mit dem Wunsch der Madame nach unauffälligem Verhalten
absolut nicht mehr kompatiblen, langen, inhaltsschweren Vortrages, in
dem Worte wie Abzocke und Hinweise auf die vergleichsweise höhere
eigene Kompetenz des Gastes in der Sportart des Verarschens durchaus
enthalten waren. "Ja, da weiß ich auch nicht, was ich machen
soll", meinte der Maitre, "ganz soooo negative
Rückmeldungen bekommen wir normalerweise nicht. Wenn Ihnen ein
Gericht nicht zugesagt hätte, hätte ich es ja ersetzen können,
aber wenn Ihnen alles nicht geschmeckt hat..." "Nein,
bitte, verstehen Sie mich nicht falsch," stöhnte ich, "nichts
möchte ich weniger als noch mehr davon."
Den Käse sollten wir wenigstens
probieren, meinte der Maitre noch, der sei vom Patissier zubereitet
und zumindest der Patissier wisse, was er tue. Ob der Maitre sich
darüber im Klaren war, dass er damit inzident auch eine Aussage über
Blanc Junior getätigt hat? Was solls, es kam eine Emulsion vom Bleu
de Bresse mit vanilliertem Nussöl und Birnenchutney. Emulsion
bedeutete in diesem Fall, dass es eine Art Schaum vom Bresse war, in
dem auch noch kleine Käsestückchen mit der Zunge ertastbar waren.
Die Vanille und die Nuss habe ich nicht herausgeschmeckt, dafür war
das Birnenchutney prima und passte toll zum Käse. Endlich war mal
etwas stimmig. Glatte zwei Sterne wenigstens mal für diesen Gang.
Uff!
Dann kamen drei Mignardises. Das erste
ein deplorables Ding, eine Peche-Melba-Praline, die einfach nur fett
war und penetrant nach Butter schmeckte. Etwas besser die
Erdbeer-Kokos-Praline, der Kokos dominierte aber viel zu sehr und ein
dickes Minzblatt, das sich in der Praline versteckt hatte, haute mir
frech auf die Nase, erschlug anschließend auch die Erdbeere.
Wirklich gut und eines Hauses der Sterneliga würdig nur die mit
Cassis und Passionsfrucht gefüllte dritte Praline.
Nun kam das eigentliche Dessert, ein
Fliegenpilz, dessen Fuß aus weißer, recht fetter Schokolade
bestand, in die Walderdbeeren und Eisenkrautmousse gefüllt waren.
Obendrauf noch einmal weiße Schokolade rotlackiert, mit weißen
Tupfen, um die Fliegenpilz perfekt zu machen. Ein wenig infantil,
aber - man wird ja so dankbar - Erdbeeren und Eisenkrautmousse
verbanden sich sehr angenehm, das kratzte auch fast an einem Stern.
Nebendran drei Schokopralinen, eine mit
eleganter Minzfüllung, eine mit einem Orangengeleestück und die
beste mit kakaoigem Ganache. Auch diese Süßigkeiten waren
ordentlich bis gut, offenbar kann der Patissier tatsächlich etwas
mehr als der Rest der Brigade.
Insgesamt hätte ich für dieses Dinner
trotzdem nicht einmal einen einzigen Stern vergeben. Ein zweiter oder
gar dritter sind völlig außerhalb jeder Diskussion. Was dem
Michelin hier einfällt, weiterhin drei Sterne über Vonnas leuchten
zu lassen, bleibt mir vollständig schleierhaft, zumal andere Blogger
ganz ähnliche Erlebnisse berichten (TroisEtoiles). 245 Euro für das
große Menü sind eine Ohrfeige für den Gast.
Auch die Weinkarte tendiert gegen
Abzocke, viel zu hohe Koeffizienten. Kaum eine Flasche unter 150
Euro. Was für die Dreisterneliga annehmbar wäre, wenn die für
diesen Preis erhältlichen Weine entsprechendes Niveau gehabt hätten.
Aber Ladenpreis mal zehn ist dann schon frech...
Ich weiß nicht mehr, wie oft ich schon
in Restaurants der Dreisterneliga gegessen habe, sicherlich liegt die
Zahl irgendwo hoch im dreistelligen Bereich. Dieses war für mich der
absolute Tiefpunkt aller dieser Erlebnisse. Wir fühlten uns
abgezockt und veralbert. Zumal Georges Blanc ja lange genug gut genug
gekocht hat, um zu wissen, dass das was heute in seinem Restaurant
auf den Tisch kommt, mit Spitzengastronomie nichts mehr zu tun hat.
So habe ich es jedenfalls empfunden. Wenn einer aber weiß, dass sein
Restaurant nicht die Performance bringt, und trotzdem Höchstpreise
aufruft, dann hat er genau die klaren Worte verdient, die der
Fressigel hier leider finden musste. Shame on you, Georges! Noch
schlimmer ist, dass Du damit die Erinnerung an das großartiger
Dinner in Vonnas in den Neunzigern entwertet hast! Ich wäre dafür,
die Turnhalle künftig zur Unterbringung von Syrern zu nutzen. Das
hätte wenigstens einen Sinn.
Aber der Igel lernst ja nichr aus
seinen Fehlern und das ist auch gut so. Zwei Wochen darauf habe ich
mit der besten Igelin von allen schon wieder einen alten Granden
besucht. Und genau das Gegenteil erlebt. Himmlische Genüsse. Davon
beim nächsten Mal!
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