Aldo Conterno Barolo Monforte Bussia 1996 und 1997
Weh-Weh-Weh Willis Wein Werkstatt
Heute auf der Hebebühne: Aldo Conterno Barolo Monforte Bussia 1996 und 1997
Letzten Monat war ich bei meinem Vodaphonemann. Das Handy war nach gerade einmal vier Wochen Nutzungsdauer schon defekt. Ich bat um Reparatur, hilfsweise Ersatz. Blauäugig, blauäugig… Denn der Vodaphonemann wollte davon nichts hören „Kaputt? Pech! Binischnischfüazuständisch, vakaufischdasnua! Musstu Zentrale schicken!“ „Guter Mann“, wandte ich ein, „mal ganz davon abgesehen, dass ich gar nicht wüsste, wohin ich die Zentrale schicken sollte, ist mir doch aufgefallen, dass bei Ihnen draußen am Laden ‚Vodaphone’ angeschrieben steht und Sie meinen Handyvertrag als Mitarbeiter dieses Unternehmens auf einem Vodaphone-Briefkopf unterschrieben haben. Für mich sind Sie und nur Sie Vodaphone. Also kümmern Sie sich gefälligst um das defekte Gerät!“ „Weißtu, kann ich auch einschicken, aber kannstu auch selbst“, war die Antwort, die mich langsam darüber nachdenken ließ, ob das -phone von Vodaphone sich dem Wortstamme nach vielleicht aus dem englischen Adjektiv „phoney“ entwickelt haben könnte. Dann können die die Bude auch Vodafish nennen, denn fishy war das obendrein! Warum stellen diese Mobiltelefonunternehmer eigentlich nur Leute mit Irritationshintergrund ein?
Irgendwann hatte ich meinen neuen Duzfreund dann doch soweit – das Gerät wurde eingeschickt. „Spätestens Dienstag kriegstu zurück!“, versprach der Vodafishmann, „rufischDischdannan, Handynummer habischja“. „Schon, schon, guter Freund, die wird aber wenig helfen, da das Gerät ja auf Reisen in Ihre Zentrale geht – deswegen heißt es ja Mobiltelefon, haha“, wandte ich ein. Und fuhr wohlweislich nicht schon am Dienstag, sondern erst wieder am Freitag in den Laden. Wo ich erfuhr: „Dein Handy, achja, mussisch einschicken, hastu Recht, ist bis Dienstag bestimmt zurück“. „Von welchem Dienstag sprechen wir?“ „Haha, Du lustig, näxte Dienstag, kein Problem!“. Näxte Dienstag war das Gerät tatsächlich schon an die Zentrale verschickt, aber natürlich noch nicht zurück. Auch übnernäxte Dienstag nicht. Geschlagene fünf Wochen dauerte das Ganze. Ich meinte dann nur noch, für diesen Monat werde ich aber keine Grundgebühr bezahlen. „Kannischnixmachen, musste Zentrale sagen“, bekam ich als Antwort. „Zentrale!“ „Häh“ „Na, jetzt habe ich Zentrale gesagt! Und im Übrigen wiederrufe ich jetzt für einen Monat die Einzugsermächtigung – und wenn einer fragt warum, werde ich Ihren Namen ins Spiel bringen.“
Ich konnte nicht mehr. Und wankte in die benachbarte Apotheke. „Oh Gott, was ist denn mit Ihnen los, Sie brechen ja gleich zusammen?“ fragte der Apotheker besorgt. „Vodaphonemann im Endstadium – gibt´s da nicht was von Ratiopharm? keuchte ich. „Nein“, meinte der freundliche Medizinmann, „aber nehmen Sie doch diese zwei Flaschen Barolo mit, die helfen sicher.“
Und so kamen noch am selben Nachmittag Aldo Conternos Barolo Montforte Bussia aus den Jahrgängen 1996 und 1997 ins Glas. Erst der 1996er, dem ich nicht ganz so viel Potenzial zuschrieb wie dem jüngeren Bruder. Sehr teerige Nase, geröstete Kräuter, leicht oxidativ, etwas zartbitterer Kakao mit rumtopfiger Pflaume. Dann auch so eine bratensaftige Mineralität, sehr pikant, hat eine Anmutung von kross gebratener Schweineschwarte. Doch mit der Zeit und mehr Luft fokussiert sich der Duft immer mehr auf eine teerig-asphaltige Mineralik.
Am Gaumen ein wenig überreif, leicht rosinig, das spiegelt das oxidativ-rumtopfige Element aus der Nase ganz gut wieder. Auch viel Pflaume ist mit am Start, recht geschmeidig das Ganze, samtig, ein seltsamer Kontrast zwischen den sehr männlichen Aromen und der sehr charmanten Textur. Unglaublich konzentriert, eigentlich wirkt er vorne schon recht reif bis leicht überreif, ein wenig tabakig – dann aber auch wieder wunderbar saftig. Dicht und extrem nachhaltig ist er sowieso, kilometerlanger Abgang, ohne auch nur im Geringsten „auszulassen“ wie der Österreicher sagt, wenn er lockerlassen meint.
Am zweiten Tag dann schon deutlich gealtert, rauchig-speckig, tabakig, nicht mehr viel Frucht, ein wenig Zartbitter-Schokolade, recht lang, leider aber auch recht unterholzig – aber nicht wie ein feiner Burgunder, sondern eher wie grüner Tabak, gleichzeitig auch eine Spur zu süßlich werdend, erinnert in diesem Stadium ein wenig an die Musars aus dem Libanon. Insgesamt nun schon recht müde, auch wenn er im Glas noch einmal eine kleine Auferstehung erlebt. Am ersten Tag 90 von 100 Willipunkten, am zweiten Tag hätte ich vier bis fünf Punkte weniger gezückt.
Dann der 1997er: Mit dem Orangenduft eines schon gut gereiften Rotweins in der Nase fängt das Vergnügen an. Nach wenigen Sekunden gesellt sich eine sehr kräftige, leicht teerige Mineralik hinzu, röstig, dabei einerseits sehr kraftvoll, andererseits aber auch noch ziemlich verhalten. Fast auch eine Spur floral, Veilchen oder so etwas Ähnliches.
Am Gaumen auch diese feine Orangefrucht und dahinter die opulente teerig angehauchte Mineralik. Ein ungemein korpulenter Wein, dabei sehr elegant und deutlich besser strukturiert als der vor allem muskulöse 1996er. Zudem wohnt diesem 1997er eine verhaltene, sehr tief reichende Kraft inne. Im Abgang wird das am plastischsten, wo er gar nicht weiß, wohin mit all dem Druck. Noch endloser als der ohnehin schon sehr lange 1996er.
Einerseits ist der 1997er schon ungemein weit entwickelt, mit allerersten Anflügen von Tertiäraromen, anderseits ist da auch noch viel frisches Tannin, was ihn phasenweise weitaus jünger wirken lässt als er in Wahrheit ist. Auf den wunderbar mürben, sehr reifen aber auch sehr präsenten Tanninen kann man fast noch kauen! Was macht der nur mit meinem Gaumen, das ist eine echte Achterbahn!
Hier war ich besonders gespannt auf den zweiten Tag – würden die Reifetöne in der Entwicklung die Oberhand behalten, oder die Tannine noch weicher, noch besser eingebunden daherkommen? Letzteres war der Fall und damit konnte der Wein am zweiten Tag sogar noch ein wenig zulegen. Noch saftigerer Anklang, ein wenig süßlich fast, dahinter dann die pralle Mineralität – sehr balanciert, unglaublich weich und dabei doch so monumental. Hat sich toll entfaltet, jetzt manifestiert sich diese zwingende Kraft, die am Vortag noch ein wenig unterschwellig am Gaumen herumlungerte, in einer großen Vielschichtigkeit und einer unglaublichen Dichte. Sehr reif, sehr fein und mit einem richtigen Feuerwerk im Abgang! Ist mir in dieser Form 94 von 100 Willipunkten wert – noch ein Punkt mehr als ich ihm am ersten Tag zugebilligt hätte.
Kommentare
Italoasphalt ist ja nicht so meine Baustelle und die wenigen, die ich habe, hab ich ganz nach hinten geräumt, vielleicht sollte man mal danach schauen.