Willis Hausbesuche Heute: Marc Kreydenweiss




Weh-Weh-Weh Willis Hausbesuche
Heute: Marc Kreydenweiss
Der Scheff lässt sich nicht lumpen, der ist ja nicht so. Meine zahllosen Geschäftsreisen im Dienste des Weines, die werden komplett aus seinen Edeka-Milliarden finanziert. Mit allem Zipp und Zapp. Da kennt er nichts, der Scheff. Da werden für meine Flüge in die besten Anbaugebiete der Welt sogar die Luftkorridore mit Parkett ausgelegt. Manchmal auch mit Perserteppichen, vor allem, wenn es nach Shiraz geht. Wenn ich Weinen mit viel Botrytis nachspüre, leiht der Scheff mir auch schon mal seinen Rosinenbomber. Das nenne ich Fürsorge!
Wenn man so einen Scheff hat, da muss man Demut und Dankbarkeit an den Tag legen. Sich auch mal gnadenlos ranschmeißen! Nicht zu auffällig natürlich. Eher dezent. Etwa indem man der Frau vom Scheff kleine Aufmerksamkeiten zukommen lässt. Zum Beispiel wenn die Geburtstag hat. Hat sie nämlich auch in diesem Jahr wieder. Sie wird so an die 35, wenn man der Optik glauben darf.
Also habe ich auf meinem Trip mit den Gierschlünden nach einem geeigneten Geschenk für die Scheffin gesucht. Bei Kreydenweiss wirste fündig, habe ich mir gedacht. Der hat Künstleretiketten, die machen was her. Außerdem hat der Scheff den nicht im Sortiment, das hätte also wirklich Neuigkeitswert.
Aber kann der auch was, der Kreydenweiss? Habe ich lange nicht mehr probiert, auch weil der ziemlich unverschämt teuer geworden ist. Zumindest beim Mitbewerber vom Scheff in Saarwellingen. Der lässt sich das Zeug in Gold aufwiegen. Kreide(n)bleich im Gesicht bin ich geworden, als ich dessen letzte Preisliste gesehen habe.
Nun wärs die Scheffin mir natürlich wert, andererseits sehe ich ja nicht ein, dass ich den Saarwellinger dauernd mäste. Muss ich auch nicht. Vor Ort in Andlau gibt es die (Kreyden)Weißweine zum Glück deutlich günstiger.
Zum Beispiel den Pinot Blanc „Kritt“ aus 2011. Der hat eine satte Spontanvergärungsnase, dazu so etwas wie braune Butter, etwas irgendwie Toastiges, obwohl er nun wirklich kein neues Holz gesehen hat. Am Gaumen aber schön cremig, abwechslungsreiches Spiel von Süße und Säure, weil er zur traditionell eher knappen Elsässer Säure einen ähnlich geringen Restzuckerwert mitbringt, nur so um die 3 Gramm. Das steht ihm sehr gut, so wirkt er viel pikanter und strukturierter als die meisten elsässischen Landsleute selber Rebsorte. Das mag auch ein wenig mit dem vergleichsweise zurückhaltenden Alkohol von 12,5 Prozent zusammenhängen, der nur dann am Ende des Abgangs ein ganz klein wenig hervorsticht, wenn man sich intensivst drauf konzentriert, sich stechen zu lassen. Als Igel weiß ich, wovon ich da rede. Insgesamt überraschend gut und gehaltvoller, extraktreicher als viele unserer deutschen Weißburgunder. Das gibt 85 von 100 Willipunkten, reicht aber natürlich nicht für die Scheffin. Wenn ich da anfange, was von „weiß“ und „Burgunder“ zu reden, dann ist die unter Corton Charlemagne kaum zufrieden zu stellen.
Die ist ja aber sowieso eher von der Rieslingfraktion, die Scheffin. Und den hat der Kreydenweisse Marc zum Glück ebenfalls im Sortiment. Den Andlau Riesling 2011 gab es als erstes. Auch der eröffnete in der Nase wieder mit leichtem Spontiton, dann rochierte er aber auf einen floralen Einschlag, mit ein wenig Zitrusfrucht auf dem Damenflügel. Eher limonig als orangenfruchtig. Insgesamt von der leichteren, eleganteren Sorte. Am Gaumen pirscht er sich mit gerade einmal 2 Gramm Restzucker und einem entsprechend trockenem Stil an die Rezeptoren, dafür wirkt er zugleich erstaunlich cremig und überraschend nachhaltig. Zitronige Frucht und spontige Noten, da bleibt er seinem Nasenbild recht treu, insgesamt fein, leicht und elegant. Im Glas wird’s mit Luft noch eine Spur fruchtiger, opulenter, ohne aber wirklich füllig zu werden. Sogar eine Spur Mineralität wirft er im Abgang noch ans Zäpfchen! Gar nicht schlecht für einen Basisriesling. 86 von 100 Willipunkten. Allerdings, es bleibt ein Basisriesling. Und damit fällt er durch das Raster der Scheffinnentauglichkeit. Ist ja schließlich keine Basisscheffin, sondern eine Spitzenscheffin, um die es da geht.




Da muss man einen drauf setzen. Und das versuchte als erster der Clos du Val d´Eleon aus 2009. Aus einem der besseren Weinberge des Hauses gekeltert, auf Blauschiefer gewachsen und mit satten 14 Prozent Alkohol unterwegs. Allerdings kein purer Riesling, sondern hälftig aus Riesling und Grauburgunder zusammengeschraubt, die im Clos im gemischten Satz stehen. Und der gemischte Satz, den muss man können. Nicht jeder ist ein Deiss. Hier bekam ich einen bananigen Hauch in den Gewürzprüfer, das war alles andere als charmant. Zumal die Sache mit mehr Luft immer oxidativer wurde. Na gut, ich will mal ehrlich sein, daneben schälten sich noch eine Messerspitze Birne und eine kleine Lilienblütengirlande heraus. Aber das Oxidative erschlug diese kleinen Arabesken sofort wieder. Am Gaumen dominierte ebenfalls dieser Reifeton, das Oxidative, erst im Abgang kommt das Florale dann hinzu, auch ein Touch Rosine. Erstaunlich gut weggepuffert wird der Alkohol, gerade wenn man berücksichtigt, wie wenig Spiel und Ausdruck der Wein abseits dieser Reifetöne noch hat. Als 2009er erscheint er mir insgesamt ziemlich frühvergreist. 82 von 100 Willipunkten. Brauchen wir für die Scheffin natürlich nicht drüber zu diskutieren. Ein solches Geschenk wäre ja fast so etwas wie eine Kündigung. Allein schon der Verschnitt des geheiligten Rieslings mit dem grau(sig)en Burgunder, und dann diese Oxidationsnoten, nee, nee, so schnell kann ich mich gar nicht zwischen meinen Stacheln einrollen, wie ich da eine getafelt bekäme.
Also schnell die kreydenweisse Fahne gehisst und zurück zum reinsortigen Riesling. Da gab es noch den Clos Rebberg aus 2009 zu probieren. Ja, und, Sackzement, der zeigte auch schon wieder so einen oxidativen Ansatz. Liegts am Jahrgang? Oder am Ausbau im kreydenweissen Keller? Darf doch nicht sein! Immerhin gab es als kleine Zugabe noch einen schiefermineralischen Anklang. Aber der sollte mehr als Zugabe sein, der gehört ins Hauptprogramm. Leute, es geht um die Scheffin, da brauche ich kein Klein-Klein wie Podolski im Mittelfeld, da brauche ich einen Vollstrecker, einen Lewandowski. Am Gaumen gabs es dann, na ja, keinen Lewandowski, aber vielleicht wenigstens einen Gomez. So eine Föhnwelle von cremiger Fülle, auch etwas Kräutrigkeit im Anklang, dann aber natürlich die altbekannte Abschlussschwäche, denn da kam sie dann wieder, die spontige Oxistilistik. Wie geht denn das, einerseits noch mit den Gäraromen unterwegs und andererseits schon auf dem absteigenden Ast? Na gut, das Ganze schöner und feiner als beim Clos d´Eleon. Harmonischer und balanciert, ja, das kann man ihm zugutehalten. Aber es fehlt an Länge und an Konsequenz im Abgang und viel zu schnell übernimmt das Oxidative die Macht. 85 bis 86 von 100 Willipunkten. Kommt für die Scheffin nicht in Frage, die hat schließlich selbst auch keinerlei Alterston.
Also erhöhe ich auf Moenchberg. Eine der Toplagen des Gutes, ein Grand Cru, hier als Riesling angetreten und ebenfalls aus 2009 stammend. Im Moenchberg gibt es viel Sandstein, etwas Sediment und ein wenig Kalk, mal sehen, was das mit dem Riesling so macht…
Erst einmal gibt es ihm eine krass oxidierte Nase. Himmelherrgott, kann das denn sein, schon wieder? Alter Apfel, lange an der Luft gelegen. Na gut, dann gesellen sich Nuss und Rosine hinzu, das lässt ihn mehr in Richtung Sherry gehen. Besser als der Eleon, hat aber mit Riesling nichts zu tun. Außerdem, wo kommen diese Noten bloß her, bei einem Wein, der alles andere als botrytisch oder gar süß ist. Gerade einmal 4 Gramm Restzucker hat der Moenchberg. Poah, am Gaumen geht das so weiter. Oxidierter, karamellisierter Apfel, kräftig, ja, das schon, aber durch den eigenwilligen Ausbau ziemlich auf Sherry getrimmt. Wenn man Sherry mag, dann ist das ein prima Tropfen, der hat wunderbare nussige Aromen, feine Rosinen, das sehr lang und voll, gut gemacht. Nur Riesling dürfte man halt nicht draufschreiben. Als Riesling unter 80 von 100 Willipunkten, als Sherry um die 87 von 100. Wenn ich nur wüsste, ob die Scheffin Sherry mag! Außerdem steht Riesling drauf, am Ende denkt die noch, ich wolle sie veralbern. Geht schon wieder nicht, ich muss auf Nummer sicher gehen, bei der Scheffin. Ich suche weiter.



Nehmen wir mal den Kastelberg 2009. Natürlich wieder Riesling und wieder ein Grand Cru. Mineralischere Nase als der Moenchberg, Kunststück, das Zeug kommt auch vom rabenschwarzen Schiefer. Nicht wirklich oxidativ, aber schon sehr reif und mächtig wirkend. Vielleicht ist es auch den 70 Jahre alten Reben geschuldet, aus denen das Zeug gekeltert wurde. Gerade einmal 20 Hektoliter auf den Hektar, da wurde richtig selektioniert. Am Gaumen entsprechend konzentriert, fast ölig, doch mangelt es zunächst an Harmonie. Mit Luft wird das besser, zweifellos ein Wein, der sich erst noch sortieren muss und dem man mehr Zeit geben muss als es in der Probe auf dem Weingut möglich war. Aber auch hier ist ein leichter Touch von allzu früher Alterung drin, auch hier diese oxidative Komponente, eben keine Spontinote, sondern ganz offensichtlich ein etwas zu oxidativer Ausbau, der aus meiner Sicht dem Riesling nicht wirklich gut tut. Schwer zu bepunkten, mit mehr Luft traue ich ihm aber den Sprung auf bis zu 88 von 100 Willipunkten zu. Dennoch, kein verlässlicher Wert. Und damit zu riskant, als dass ich da für die Scheffin zugreifen wollte, denn auf die kann man sich blind verlassen, immer!
Zum Glück gibt es ja noch den Wiebelsberg. Ebenfalls Grand Cru, wieder 2009 – und selbstredend Riesling. Und, uff, endlich! Man riecht auch, dass es ein Riesling ist, Frucht vom Riesling; Aprikose, Pfirsich, etwas Orange; Blütenduft vom Riesling und Mineralik, wie sie ein guter Riesling bringt, obwohl die Böden hier eher sandsteinig sind und nicht so viel Mineralikpotenzial haben wie Schiefer. Ja, und das Zeug riecht auch nicht so alt wie Opa nach dem Krieg, sondern frisch, hat sogar noch einen leicht wachsigen Ton dabei. Es geht doch! Auch am Gaumen Rieslingvergnügen pur! Mineralisch, kräuterwürzig und wunderbar trocken ausgebaut. Süße und Säure harmonieren bestens miteinander, das Ganze rockt so lang, dass man in der Damenoberbekleidung nur noch von einem Maxi sprechen könnte. Nur drei Gramm Restzucker, aber auch nur drei Gramm Säure, das passt! Toller Abgang, tief und komplex. 90 bis 91 Willipunkte. Endlich die Neun vor dem Komma, das kann ich bei der Scheffin gerade mal so anbieten. Mission accomplished!
Der Scheffin einen wunderschönen Fünfunddreißigsten und viel Freude mit dem edlen Tropfen!





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