La Devèze, Côtes du Roussillon Villages 2007



Weh-Weh-Weh Willis Wein Werkstatt

Heute auf der Hebebühne: La Devèze, Côtes du Roussillon Villages 2007, Mas de la Devèze

“Bordeaux, Bordeaux, es muss ja gar nicht immer Bordeaux sein, es gibt inzwischen auch in anderen Anbaugebieten für deutlich weniger Geld ganz feine Weine!“ Sprach Alfred Biolek in seiner Trinksportsendung Alfredissimo und öffnete ganz bescheiden einen Vega Sicilia Unico. Den trank er dann in großen Schlucken, während alibimäßig so getan wurde, als würde nebenher gekocht. Tja und den Unico, den gibt es ja unter Brüdern je nach Jahrgang auch schon für 200 bis 800 Euro die Flasche. Da braucht man die teuren Bordeaux wirklich nicht mehr. Ich möchte auch eine Kochsendung, die mir meinen Alkoholismus auf gehobenem Niveau finanziert!

Und bis ich die habe, muss ich wirklich nach Alternativen zum Bordeaux suchen. Weil sich die Preise für die Premiers Crus in den letzten fünfzehn Jahren ungefähr verzehnfacht haben, die der Superseconds versechsfacht und die der anderen Grands Crus etwa vervierfacht. Das reduziert den Bordeauxkonsum ganz automatisch, nicht aber den Weindurst. Burgund ist natürlich keine echte Alternative, die sind preislich noch abgehobener als die Bordelaiser und qualitativ bei weitem nicht so geschlossen auf hohem Niveau. An die Rhône auszuweichen bringt wenig, die ist in der Spitze auch schon weit im dreistelligen Eurobereich gelandet. Und die Loire liefert feine Rote aus der Eleganzabteilung, aber nur sehr wenige davon haben annähernd die Kraft ihrer Cabernetbrüder aus dem Medoc. Bleiben Languedoc und Roussillon, vielfach als Paradies der Schnäppchenjäger gepriesen und meinem Eindruck nach inzwischen einer der Hauptlieferanten der vermeintlichen „Entdeckungen“ von Jacques Weindeponie.

Wenn es doch nur so einfach wäre, wie der Weinjakob es in seinen Postings gerne darstellt. Da klingt das immer so, als müsse man im sonnigen Süden nur den Korken der frisch ausgetrunkenen Flasche mit Schwung über die Schulter werfen – und schon hat man das nächste Spitzengut gefunden, das seine Weine geradezu herschenkt. Nee, nee, nee, so ist es dann auch wieder nicht. Zwar gibt es zwischen Nîmes und Perpignan noch echte Preis-Leistungs-Schlager, aber die sind auch dort selten – und es dauert meist nicht lang, bis die Preise dieser Weine sich zum nächstgelegenen Flughafen begeben und abheben.

Also muss man auch im Süden auf die Pirsch, vieles probieren, sich Tipps von Freunden holen und ein wenig in der Fachliteratur schmökern, um die heißesten Newcomer zu finden. Die Revue des Vins de France ist da gar nicht so schlecht. Oder man geht ins Sternelokal seines Vertrauens und leiert dem Sommelier ein paar Empfehlungen aus dem Kreuz. Auf diesen unterschiedlichen Kanälen bin ich zum Beispiel an das Weingut Haut-Gleon gekommen, dessen Basisroter in der Gewichtsklasse von 12 bis 13 Euro ziemlich zielsicher jeder Kontrahenten auf die Bretter schickt. Oder an den Puech-Haut, dessen zwei rote Cuvees in der Preisklasse bis 20 bzw. 25 Euro ihre Akzente setzen. Wer noch einen Fünfer oder Zehner drauflegt, kriegt von Gardies Schwergewichte geliefert, die mit sagenhafter Kraft einen brachialen Akkord von Mineralik, Frucht und Würze setzen. Das alles sind natürlich vom Charakter keine Bordeaux, nicht annähernd könnte man sie mit solchen verwechseln. Aber es sind Weine, die mir in der jeweiligen Preisklasse meist deutlich mehr Freude machen als ihre Konkurrenten aus dem Bordelais.

In diese Abteilung gehört auch der 2007er Côtes du Roussillon „La Devèze“ von Mas de la Devèze. So etwa 20 Euro muss man für diesen Prachtwein hinblättern, der bei einer Südfrankreichprobe meines Weinzirkels die meisten Konkurrenten in den Schatten stellte. Grund genug, ihn noch einmal in Ruhe nachzuprobieren:

In der Nase schokoladig, auch sehr kirschig mit ganz leicht pflaumigem Subtext. Sehr schön reif und entwickelt, macht unweigerlich Lust, sofort den Gaumen anzufeuchten. Gemach, Gemach, erst noch einmal schnuppern. Denn da findet sich schon nach ganz kurzer Belüftung auch ein leichter kräutriger Einschlag, gerösteter Rosmarin. Den hätte man doch nicht verpassen wollen. Und ein kühl-mineralischer Ton, der sich im Languedoc-Roussillon eher selten findet (vielleicht am ehesten noch bei Gauby) und der den Wein sehr interessant macht.

Am Gaumen wieder sehr viel kirschige Frucht, vollreif, saftig, dazu sehr edle, bittere Schokolade, Valrhona mit 66 Prozent Kakaoanteil kommt mir spontan in den Sinn, lange Zeit eine meiner Lieblingsschokoladen, bis ich die Maison du Chocolat in Paris entdeckte. Der Alkohol von 14,5 Prozent ist wunderbar eingebunden, allenfalls lässt er die Schokolade ganz leicht marzipanig wirken. Die Mineralität spielt am Gaumen nur hinten heraus eine größere Rolle. Dort verleiht sie dem Wein eine tolle Vielschichtigkeit und etwas mehr Eleganz als er aus Frucht und Schokolade allein gewinnen könnte. Lang und druckvoll ist er sowieso, sehr harmonisch, weich, mit einer ganz leichten, pikant-rosmarinöligen Würze. Einfach ein feiner Tropfen, wenn er auch knapp daran vorbeischrammt, ein ganz Großer zu sein, die Neun vor dem Komma kriegt er nicht, dafür fehlt ein wenig die Komplexität. Aber 89 von 100 Willipunkten muss er kriegen.

Erinnert an einen guten Châteauneuf du Pape. Wie gesagt, für einen französichen Roten ist das ein prima Preis-Leistungs-Verhältnis! Obwohl man natürlich stattdessen auch einen simplen Dominus aus Kalifornien oder einen kleinen Sassicaia aus der Toskana kaufen kann. Es muss ja nicht immer das Zeug aus Südfrankreich sein. Jedenfalls wenn man eine Kochsendung hat…

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