Ich wusste gar nicht, dass ich Italienisch spreche. Muss mir über Nacht zugeflogen sein. Denn Vittorio habe ich sofort verstanden. Vittorio, das war der Meccanico, der sich meiner bayerischen Hochtechnologie auf vier Rädern annahm, als sie in einem Vorort von Neapel kollabierte. Vittorio sprach „Au, au, au“ und ich verstand sofort, was das heißt: „Tja, Pech gehabt, mein Freund, denn so wie Du aussiehst hast Du von Autos keine Ahnung und bist Du mir nun ausgeliefert. Und das wird teuer, verlass Dich drauf. Damit das glaubhafter wirkt ziehe ich jetzt noch ein Weilchen eine Show ab, aber Du und ich, wir wissen beide, dass es nur Show ist.“ Boah, was ist mein Italienisch gut, denn ich hatte, wie sich zeigen sollte, genau richtig verstanden. Nun war eigentlich nur ein Reifen kaputt. Kein Wunder, denn in und um Neapel sind die Straßen ja eher als Schlaglochkongress zu betrachten denn als geeignete Unterlage für automobile Fortbewegung. Man weiß oft nicht – ist es ein Schlagloch oder ...
Die älteren Leser werden sich erinnern, dass ich hier im Zusammenhang mit meinem Besuch bei La Pergola in Rom vom Würdenträger berichtet habe. Der mir auf der einen oder anderen Konferenz begegnet ist, immer mit dem Hörgerät auf Umluft und einem Lächeln im Gesicht, als verstünde er wirklich noch, was um ihm herum vorgeht. Dieser Tage hat der Würdenträger seinen, tja, was denn nun, neunzigsten? Geburtstag gefeiert. Genaueres weiß man nicht, es ist lediglich überliefert, dass die Kerzen auf dem Kuchen schon ganz hübsch zusammenrücken müssen und beginnen, nach einer Obergrenze zu verlangen. Und, womit auch immer ich das verdient habe, der Würdenträger stalked mich. Na gut, nicht wirklich, aber sagen wir mal, er hält an der guten alten Tradition fest, genau die Konferenzen aufzusuchen, zu denen ich auch anreise. Diesmal wurde der Würdenträger nach New York schon im Rollstuhl angeliefert, gehen kann er nicht mehr. Chairman einer Sitzung sollte er sein. Wheelchairman, lästerte sein ...
Nun sitzt der Horst also im Heimatmuseum und hält Seehof. Wie muss man sich das wohl vorstellen? Morgens Vorfahrt im Dienstaudi in den Innenhof, Abschreiten einer Trachtenformation, die für den greisen Minister den bayrischen Defribrilliermarsch spielt? Abends beim Verlassen des Hauses spielt dann eine andere Trachtengruppe den Zapfenstreich, auf Original bayrischen Latschenkiefernzapfen? Ja, es spottet sich leicht. Aber irgendwie trifft das Ding mit der Heimat vielleicht sogar den Zeitgeist. Unsere Welt ist zusammengerückt, ist kleiner und internationaler geworden, in vielerlei Hinsicht. Wer seine Kindheit vor vierzig, fünfzig, vielleicht sogar sechzig Jahren in Deutschland erlebt hat, ist groß geworden in einer Zeit ohne Internet, ohne Google. Entsprechend eng war der Horizont. Man lebte in seinem Dorf, seiner Stadt, kannte fast jeden, das Leben war übersichtlich, ereignisarm und für unsere heutigen Begriffe unfassbar langsam. Urlaubsreisen gingen an die Nordsee, in die Alpen...
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