1989er Château Maucaillou, Cru Bourgeois, Moulis
Weh-Weh-Weh Willis Wein Werkstatt
Heute auf der Hebebühne: 1989er Château Maucaillou, Cru Bourgeois, Moulis
22 Jahre hat er auf dem Buckel, der Maucaillou aus 1989. Kann man den überhaupt noch trinken, darf man den noch trinken? Hält sich ein eher kleinerer Bordeaux so lange? Mein Anwalt, Parkers Bobby aus Maryland, hat dazu eine ganz klare Meinung. In seinem Bordeauxführer von 1993 konstatiert er, der 89er Maucaillou halte sich bis maximal 2001. Ein eleganter Wein sei das, heißt es in der nächsten Auflage, ein Wein, der das an sich so tanninstrenge Moulis-Terroir gezähmt habe und eher leicht und saftig daherkomme. Immerhin 87 Punkte sei er wert, sprach Parker, beschlossen und verkündet ohne Rechtsbehelfsbelehrung!
Kann man einem Juristen einfach so glauben? Unbesehen, auf ein Urteil bauen, das schon vor 18 Jahren gefällt worden ist. Nein, die Sache muss in die zweite Instanz, mit anderen Worten, der Maucaillou wird dem Weinigel zur neuerlichen Verhandlung mit anschließender Urteilsverkündung vorgeführt. Und dann wollen wir doch mal sehen, ob wir es hier mit einem längst verstorbenen Leichtfuß zu tun haben.
Die Nase spricht eine andere Sprache, schöne gereifte Cabernetaromatik, viel Paprika, auch schon ein ganz klein wenig Tabak und im Hintergrund eine zarte Mineralität. Wirkt im Riechkolben sehr rund, noch höchst lebendig, sehr fein, stark cabernetdominiert, von Merlotbrombeere ist erst einmal nichts zu riechen. Mit mehr Luft verstärkt sich die reife, rote Paprika immer mehr, ohne dass die Nase deswegen eindimensional würde.
Auch am Gaumen cabernetig, die rote Paprika dominiert auch hier, leicht verspielt, mit viel schöner Fruchtsüße dahinter. Auch der tabakige Einschlag findet sich im Hintergrund wieder. Über den Höhepunkt hinaus ist dieser Tropfen weiß Gott nicht. Vielmehr präsentiert er sich als wunderbar reifer, weicher Bordeaux vom Feinsten. Mit etwas mehr Luft kommen die mineralischen Töne aus der Nase auch am Gaumen heraus, dazu auch immer mehr Gerüst, Rückgrat und Struktur. Der feine kleine Wein wird plötzlich zu einem Mittelgewichtsboxer, der sogar noch etwas griffiges Tannin hervorbrechen lässt. Da ist viel mehr Substanz und Kraft als man es in den ersten fünf Minuten gedacht hätte. Und, siehe da, es stellen sich nach zehn Minuten Badezeit im Riedelgoldfischglas schließlich doch noch dunkle Früchte ein, Heidelbeere, viel Pflaume und dann endlich die merlotige Brombeere. Der ganze Cocktail schon ein wenig vom Tabak belagert, doch bislang ist diese Festung nicht erobert. Denn irgendwie scheint das Tannin erst jetzt richtig weich geworden zu sein – der Wein schwebt so gerade zwischen Aufwachen, Befreiung aus der Tanninumklammerung und ersten Tertiäraromen, den habe ich wirklich voll auf dem Punkt erwischt.
Gut, sicher, da kommen auch schon leichte Oxidationstöne heraus, aber die sind wirklich nur Statisten in einem immer volleren, fruchtsaftigen Aromenschauspiel. Ein erstaunlicher Langstreckler, dieser Maucaillou – und einer bei dem sich im Glas den ganzen Abend lang immer wieder noch etwas tut. Am Ende kommt eine feine röstige Würze heraus, die sich im Abgang leicht pilzig-unterholzig verabschiedet, gut eingebettet in Frucht, Paprika und immer wieder teerig-asphaltige Elemente. Klasse! Irgendwie kriegt er phasenweise sogar so etwas wie Schmelz und eine richtig tiefe Mineralik. In diesen Momenten muss man sehr aufpassen, ihn nicht für einen weitaus größeren Wein zu halten.
Fazit: Das erstinstanzliche Urteil wird aufgehoben. Der Casus wird an den Wine Advocate zur neuerlichen Beratung zurückverwiesen. Der wird sich freuen, wenn da so ein Case 89er Maucaillou aufschlägt. Revidieren wird er sich aber dennoch müssen. Denn auch wenn das Strafmaß angemessen erscheint – ich komme ebenfalls auf 87 von 100 Willipunkten – so ist die dieser Tage volljährig gewordene Urteilsbegründung des Herrn Parker nicht tragfähig und die Haltbarkeitsprognose grob fehlerhaft.
Im Namen des Volkes
Igel, Amtsrichter, nach Diktatur verreist.
Kann man einem Juristen einfach so glauben? Unbesehen, auf ein Urteil bauen, das schon vor 18 Jahren gefällt worden ist. Nein, die Sache muss in die zweite Instanz, mit anderen Worten, der Maucaillou wird dem Weinigel zur neuerlichen Verhandlung mit anschließender Urteilsverkündung vorgeführt. Und dann wollen wir doch mal sehen, ob wir es hier mit einem längst verstorbenen Leichtfuß zu tun haben.
Die Nase spricht eine andere Sprache, schöne gereifte Cabernetaromatik, viel Paprika, auch schon ein ganz klein wenig Tabak und im Hintergrund eine zarte Mineralität. Wirkt im Riechkolben sehr rund, noch höchst lebendig, sehr fein, stark cabernetdominiert, von Merlotbrombeere ist erst einmal nichts zu riechen. Mit mehr Luft verstärkt sich die reife, rote Paprika immer mehr, ohne dass die Nase deswegen eindimensional würde.
Auch am Gaumen cabernetig, die rote Paprika dominiert auch hier, leicht verspielt, mit viel schöner Fruchtsüße dahinter. Auch der tabakige Einschlag findet sich im Hintergrund wieder. Über den Höhepunkt hinaus ist dieser Tropfen weiß Gott nicht. Vielmehr präsentiert er sich als wunderbar reifer, weicher Bordeaux vom Feinsten. Mit etwas mehr Luft kommen die mineralischen Töne aus der Nase auch am Gaumen heraus, dazu auch immer mehr Gerüst, Rückgrat und Struktur. Der feine kleine Wein wird plötzlich zu einem Mittelgewichtsboxer, der sogar noch etwas griffiges Tannin hervorbrechen lässt. Da ist viel mehr Substanz und Kraft als man es in den ersten fünf Minuten gedacht hätte. Und, siehe da, es stellen sich nach zehn Minuten Badezeit im Riedelgoldfischglas schließlich doch noch dunkle Früchte ein, Heidelbeere, viel Pflaume und dann endlich die merlotige Brombeere. Der ganze Cocktail schon ein wenig vom Tabak belagert, doch bislang ist diese Festung nicht erobert. Denn irgendwie scheint das Tannin erst jetzt richtig weich geworden zu sein – der Wein schwebt so gerade zwischen Aufwachen, Befreiung aus der Tanninumklammerung und ersten Tertiäraromen, den habe ich wirklich voll auf dem Punkt erwischt.
Gut, sicher, da kommen auch schon leichte Oxidationstöne heraus, aber die sind wirklich nur Statisten in einem immer volleren, fruchtsaftigen Aromenschauspiel. Ein erstaunlicher Langstreckler, dieser Maucaillou – und einer bei dem sich im Glas den ganzen Abend lang immer wieder noch etwas tut. Am Ende kommt eine feine röstige Würze heraus, die sich im Abgang leicht pilzig-unterholzig verabschiedet, gut eingebettet in Frucht, Paprika und immer wieder teerig-asphaltige Elemente. Klasse! Irgendwie kriegt er phasenweise sogar so etwas wie Schmelz und eine richtig tiefe Mineralik. In diesen Momenten muss man sehr aufpassen, ihn nicht für einen weitaus größeren Wein zu halten.
Fazit: Das erstinstanzliche Urteil wird aufgehoben. Der Casus wird an den Wine Advocate zur neuerlichen Beratung zurückverwiesen. Der wird sich freuen, wenn da so ein Case 89er Maucaillou aufschlägt. Revidieren wird er sich aber dennoch müssen. Denn auch wenn das Strafmaß angemessen erscheint – ich komme ebenfalls auf 87 von 100 Willipunkten – so ist die dieser Tage volljährig gewordene Urteilsbegründung des Herrn Parker nicht tragfähig und die Haltbarkeitsprognose grob fehlerhaft.
Im Namen des Volkes
Igel, Amtsrichter, nach Diktatur verreist.
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