Heymann-Löwenstein, Riesling Schieferterrassen alte Reben 2007


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Heute auf der Hebebühne: Heymann-Löwenstein, Riesling Schieferterrassen alte Reben 2007

So drei bis sechs Erdzeitalter dürfte es her sein, dass der Schiefer an den Steillagen der Mosel zuletzt flüssig gewesen ist. Damals hieß er noch Sediment und lungerte in den kochend heißen Meeren herum, die die Gegend überschwemmten. Faul, wie so ein Sediment nun einmal ist, war mit Schwimmen schnell Schicht. Und zur Schicht wurde damit auch das Sediment, das sich am Meeresboden so breit zur Ruhe setzte wie ein griechischer Beamter bei Erreichen des 50. Lebensjahrs. Erstmal noch nicht als Stein, sondern als Schlamm. Der durch den Wasserdruck langsam etwas dichter und härter wurde. Dann trockneten die Meere aus, der Planet wurde fester und mit der Temperatur der Erdkruste ging es wie mit der Stimmung auf einer FDP-Wahlparty nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnung – sie kühlte mächtig ab. Der Schlamm wurde noch härter und nahm den Künstlernamen Schiefer an.

Neuere Forschungen haben gezeigt, dass man den Schiefer wieder verflüssigen kann. Reinhard Löwenstein hat dazu ein wissenschaftliches Verfahren entwickelt. Dieses ist allerdings sehr aufwändig! Man muss die Schieferböden mit Weinstöcken der Sorte Riesling bepflanzen, diese Reben eifrig hegen und pflegen und die Trauben streng auslesen. Sind die Trauben reif, werden sie gepresst und man lässt den Saft leicht gären. Nach etwa einem Jahr erhält man eine Substanz, die unter Liebhabern glatt als Schieferelixier durchgeht.

Reinhard Löwenstein nennt das Ganze „Schieferterrassen“ und in besonders hartnäckigen Fällen „Schieferterrassen alte Reben“. Beide Weine sind der Inbegriff des Schieferrieslings. Terrassenmosel in Bestform! Vom Restzucker her liegen sie im Bereich oberes trocken bis unteres halbtrocken. Es gibt auch noch edelsüße Varianten davon, die lasse ich heute aber mal außen vor und nehme mir lieber die alten Reben aus 2007 vor. Wobei, ich hätte auch so ziemlich jeden anderen Jahrgang nehmen können. Denn, als gäbe es keine Jahrgangsschwankungen, die Schieferterrassen gelingen bei den Löwensteins in jedem Jahr sehr zuverlässig. Sie fallen mal etwas restsüßer aus, mal etwas trockener. In den alten Reben darf auch mal ein dicker Schuss Botrytis aufmarschieren. In Jahren wie 2006 zum Beispiel. Da war das Mostgewicht aber auch auf Beerenauslesenniveau. Irgendwie ist sogar in diesem problematischen Jahr die Gratwanderung gelungen, die „gute“ Botrytis mit in den Wein zu nehmen und die saure Fäule wirklich komplett auszulesen.

Aber zurück zum 2007er Schieferterrassen alte Reben. Gewürzprüfer ins Glas, tief durchatmen und schon glänzen die Äuglein. Denn die Nase zeigt sich derart komplex, wollte man da eine Inventurliste aufmachen, käme man mit einem Blatt kaum hin. Ganz im Vordergrund findet sich eine Mischung aus einem leicht botrytischen Hauch und einem Ton wunderbar reifen Rieslings. Noch keine Firne, beileibe nicht, aber das Karamellige der Botrytis wird wunderbar in dieser pikanten Honigreifenote gespiegelt. Daneben spielt der Schiefer eine eigene kleine Melodie, als säßen zwei am Klavier und griffen vierhändig in die Tasten. Das Schiefrige ordnet sich dem karamellig-honiglichen Leitmotiv in der Nase wunderbar unter. Nur die Frucht kommt im Duft hinter alledem ein klein wenig zu kurz, bleibt irgendwie im Hintergrund, schwer zu definieren, es ist ein Hauch leicht likörigen Pfirsichs wahrzunehmen, daneben auch ein wenig Birne.

Am Gaumen herrlich weich und saftig. Auch hier dieser tolle Karamell, diese feine Reifenote und dazu richtig viel Schiefer. The artist formerly known as Sediment spricht am Gaumen mindestens genauso laut zu mir wie die Rebsorte. Schiefermineralik – Vorsicht, Vorsicht! Da müsste eigentlich ein Warnhinweis drauf, hohes Suchtpotenzial.

Trotz der kräftigen Mineralität kommt am Gaumen auch die Frucht deutlicher heraus als in der Nase, hier ein wenig prononcierter auf dem Pfirsich und zudem etwas säurebetonter als es der Duft es hätte ahnen lassen. Das tut dem Wein gut, die Säure setzt einen sehr schönen Kontrapunkt zum Karamell und zu der gleichfalls sehr prägnanten Fruchtsüße.

Sehr schöne Länge, dabei im Abgang ungemein komplex. Allerdings lässt der Druck dort ein klein wenig nach. Ohne dass der Wein schwachbrüstig würde, er wird hinten heraus einfach etwas feiner und leiser. Viel Stoff, und das noch unterhalb der eigentlichen Lagenweine des Gutes, den Röttgens und Uhlens, die da noch satt einen draufsetzen. Dabei hat der Schieferterrassen noch lange nicht fertig, er dürfte die nächsten drei, vier Jahre noch besser werden und noch weitere drei, vier Jahre viel Freude machen. Ist mir glatte 91 von 100 Willipunkten wert.

Für den damaligen Preis von etwa 16 Euro ein echtes Schnäppchen. Heute fliegen bei Heymann-Löwenstein die Preise leider ein wenig über den Markt, um es einmal mit Asterix zu sagen.

Kommentare

Kochsamkeit hat gesagt…
Sicherlich, die Preise sind bei Heymanns ordentlich... aber der Wein auch. Übrigens eine wunderbare Beschreibung deiner Verkostung.
Edekaner hat gesagt…
Danke. Meiner Meinung nach sollte jedes Weingut auch einen bezahlbaren Alltagswein anbieten. Die "einfachen" Schieferterrassen finde ich doch arg überteuert, vor allem seit er die alten Reben macht.

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