Weh-Weh-Weh Willis Hausbesuche Heute: Cos d´Estournel


Mein Freund Leo Rosarius hat mich gebeten, ihm zum weihnachtlichen Rint einen besonders guten Boddoh zu empfehlen. Keine leichte Aufgabe, das harmonische Verbinden von fester und flüssiger Nahrung ist schließlich die ganz hohe Schule der Weinkunst.

Erst wollte ich das VIVA überlassen. "VIVA?" höre ich den geneigten Leser mit einem Anflug von Hysterie in den Bildschirm stöhnen? "Jetzt dreht der Igel endgültig durch! Was hat denn der Videokanal für die Coca-Cola-Generation mit Boddoh zu tun?" Erstmal nix, das stimmt. Aber bei VIVA gibt es dieses tolle Tool, das Auskunft dazu gibt, wer zu wem passt. Die Teenies können da gegen eine kleine Bearbeitungsgebühr ihren eigenen Namen und den Namen der oder des Angebeteten hinsimsen und irgendwann erscheinen diese beiden Namen wie von Zauberhand als Einblendung im laufenden Programm, gewürzt mit einer Prozentzahl zwischen Null und Hundert, die den Harmoniegrad zwischen Kevin-Alessandro und seiner Schantalle-Schnalle anzeigt. Paarungspunkte statt Parkerpunkten, könnte man auch sagen. Dazu schenkt VIVA seinen SMS-Kunden einen kurzen Spruch, der nähere Informationen zum Beziehungsstatus gibt, also zum Beispiel: "Auch Turteltauben wollen vögeln" oder so ähnlich.

"Igel, Igel, das alles ist doch der reinste Mumpitz", wird der inzwischen wahrscheinlich nicht mehr so geneigte Leser nun vor sich hin stöhnen, "woher soll der Sender VIVA wissen, wie hoch die Paarungspunktezahlen zwischen seinen bildungsfernen Konsumenten sind?" Na ja, der ansonsten eher bildschirmferne Weinigel wäre nicht der Weinigel, wenn er dazu nicht einen aufwändigen Feldversuch angestrengt hätte. 2005, als ich bei VIVA zum ersten Mal auf dieses Tool gestoßen bin, war Rudolf "Moosi" Mooshammer gerade von seinem Fahrer Herisch mit einem Kabel erdrosselt worden. Also habe ich "Moosi" und "Herisch" in mein Handy getippt, das an VIVA gegeben und - schwupp - wurde eingeblendet: "Moosi, Herisch: 100 Prozent Übereinstimmungsgrad, Moosi, warum stehst Du noch auf der Leitung?" Also fast richtig, auch wenn der Modeschöpfer die Leitung wahrscheinlich noch um den feisten Hals trug und nicht an den Plattfüßen. Respekt! Fürderhin habe ich die Playmates des Monats der weltumspannenden Firma Gebrüder Willi Igel GmbH (die Abkürzung steht für "Geishas mit breiten Hüften" und stellt damit eine dezente Referenz an das Incentivesystem dar, das die Firma Gebrüder Willi Igel GmbH für ihre männlichen Mitarbeiter aufgebaut hat) nur noch mit Hilfe von VIVA ausgewählt. Selbst den Mitarbeitern des Monats, allen voran unserem unglaublich männlichen Firmenherold, habe ich immer erst nach VIVA-Check diesen Ehrentitel verliehen.

Der Neigungswinkel des geneigten Lesers, ich merke schon, geht gegen Null. Weil der rein empirische Befund, dass das mit VIVA im Schnitt sehr gut funktioniert, ja kein wissenschaftlicher Beweis ist. Und wahrscheinlich auch, weil es dem geneigten Leser völlig Boudin ist, ob meine Playmates zu mir passen. Hauptsache sie machen ihn an. Ist schon recht, geneigter Leser, für die Befriedigung dieser Deiner Triebe habe ich ja den XXX-Bereich auf meiner Homepage eingerichtet. Außerdem kann man bei fehlerhafter Paarung den Partner ja beim Bauerntausch oder in einem dieser anderen RTL-Formate wieder loswerden. Kann also nichts passieren.

"Dennoch", bohrt der ehemals geneigte Leser nach, "woher weiß VIVA, wer auf wen scharf ist?" Während Bauknecht nur weiß, was Frauen wünschen - und wie man die chauvinistischste Werbung des Jahrhunderts macht, natürlich. Nun, bei VIVA, da gilt nix anderes als bei Google und Facebook, die arbeiten alle ganz eng mit der NSA zusammen. Und die wissen schon, mit wem Du bis ans Ende Deiner Tage glücklich werden wirst, bevor Du diese Person überhaupt kennen gelernt hast. Hinzu kommt, dass VIVA denjenigen, die sich wegen vermeintlich fehlerhafter Auskünfte an die sendereigene Beschwerdestelle wenden, in enger Kooperation mit dem Werbepartner NSA einen unbegrenzt langen Urlaub auf einem amerikanischen Anwesen an der kubanischen Küste zu spendieren bereit ist. Gebt mal per SMS "VIVA und Gitmo" ein, da kommen immer 100 Prozent Übereinstimmung raus. Spooky, oder?

Einen Fehler hat dieses Tool aber doch. Es kann lediglich die Übereinstimmung zwischen zwei fest vorgegeben Größen ermitteln. Nur "Rint" eingeben und hoffen, dass VIVA einen geeigneten Begleitwein ausspuckt, das klappt hingegen nicht. Natürlich kann man im try and error-System ausprobieren. Bei etwa 100 großen Bordeaux und etwa 100 Jahrgängen, also etwa 10.000 in Betracht kommenden Weinen, tippe ich mir da auf meinem Handy aber die Igelpfoten wund. Außerdem dürften Jerome-Leander und Larissa-Micaela wenig Verständnis dafür haben, wenn ihre SMS ein paar Wochen zurückgestellt wird, weil erst ein paar Tausend SMS à la "Leowilli Las Cases 1947 und Rint" abgearbeitet werden müssen.

Also zurück zur altmodischen Methode, selbst probieren. Ich habe mich mal spontan entschieden, dem Leo einen Cos d´Estournel zu empfehlen. Elke Drescher und Monsieur Prats haben mir geholfen, den richtigen zu finden, indem sie einfach mal die besten Jahrgänge der letzten hundert Jahre auf den Tisch stellten.



Der erste war der 2003er. Den gab es blind, aber der war so 2003, das war unverkennbar. Jugendliche Nase, eine Spur verbrannt und ziemlich breit, nur dezent mineralisch, insgesamt nicht der größte Boddoh. Auch am Gaumen verbrannte Noten, rumtopfig, breit, etwas sehr bitter im Abgang. Egal wie tief ich hineinschmecke, es kommt nicht viel. Auch ein wenig alkoholisch. Wenn das dem Leo anbiete, macht der mich mindestens einen Kopf kürzer. Das sind ja gerade mal 83 von 100 Willipunkten.

Aber vielleicht bringt es ja der 2000er? Immerhin ein Jahrgang mit viel Ränno-mäh, wie der Leo das auszudrücken pflegt. Sehr fruchtbetonte Nase mit mineralisch-floralem Hintergrund, auch ganz leicht rumtopfig, oder spricht da nur der recht hohe und (noch) nicht ganz eingebundene Alkohol? Am Gaumen fast likörige, opulente Frucht im Anklang. Dann dreht er richtig auf - das ist eine Granate, ein Monument! Obwohl er noch eine ganze Scheune voll Tannin an Bord hat, das auch nicht sonderlich mürbe oder weich daher kommt, macht er einfach nicht richtig zu. Stilistisch eine Mischung aus 1986 und 1988, wie die so vor etwa fünfzehn Jahren waren - lang, tief, komplex, schon jetzt zeigt er, wo die Reise hingeht, ankommen wird er auf seinem Höhepunkt aber erst, wenn auch der Flughafen in Berlin fertig gebaut sein wird. Den sollte Leo zu Weihnachten trinken, Allerdings Weihnachten 2030. Hoffentlich lädt er mich dann dazu ein! Jetzt schon 92 Willipunkte, aber das wird noch auf 96 gehen, da verwette ich Leos Rinterfilleh.

Versuchen wir mal den 1996er dagegen! Etwas minzige Anmutung in der Nase, recht üppig, schöne Würze. Mineralische Elemente dahinter, noch ein gutes Stück verschlossen. Wird mit Luft immer teeriger. Am Gaumen im Anklang ein Monster, sehr voll, sehr fruchtbetont, erstaunlich offen, aber ab der Mitte riegelt er konsequenter ab als Rudi Gutendorf. Da macht er völlig zu, wird hinten fast bitter. Aber Potenzial hat er schon, der Teufel, das merkt man an der Tiefe und dem irren Druck! Im Abgang kommt die Mineralik noch einmal gewaltig! Auf den zweiten Schluck dann mit etwas mehr Luft schon nicht mehr ganz so hart, habe ich mich dran gewöhnt oder öffnet sich der tatsächlich schon? Wer es weiß, bitte anrufen, mit etwas Glück winken 5.000 Euro! Nach zwanzig Minuten die Auflösung: Der öffnet sich wirklich schon recht weit. Von der Kraft her bleibt er aber einen Strich hinter dem 2000er zurück. Irgendwo um die 94 von 100 Willipunkten. Für Weihnachten 2021!

Weiter mit einem ganz großen Jahrgang, dem 1990er! In der Nase etwas verhalten, sehr feine, asphaltige Mineralität, erst einmal wenig Frucht. Am Gaumen noch immer ziemlich verschlossen. Den habe ich auch schon einmal fruchtiger gehabt. Wunderbar konzentriert, aber irgendwie dann doch eine Sphinx, wie hat sich der in den letzten Jahren verschlossen! Wo geht das wohl hin? Mit Luft kommt er dann so nach und nach um die Ecke, um die der Herisch den Moosi... aber lassen wir das! Weicher als 1996 und 2000, die Tannine sind feinkörniger, vielleicht aber auch eine Spur leichter als der 2000er? Oder nur schon weiter? Schwer zu sagen, weil der Sauhund einfach über geschlagene 45 Minuten nicht aufmacht! Dann aber kommt er mehr und mehr aus der Ecke, plötzlich haben wir da eine Trinkigkeit und eine Harmonie im Glas, die ihn fast so charmant erscheinen lassen wie Leos Halbschwester Lea. Kann ich meinem Lieblingslöwen für Weihnachten aber trotzdem nicht empfehlen, denn der Leo ist viiiiel zu ungeduldig. Der hat die Flasche leer, eher der Wein aus der Reserve gekommen ist. Dennoch 94 von 100 Willipunkten sind das mindestens, vielleicht auch 95! Der Wein für Weihnachten 2020!

Cos 1989, 1990, 1996, 2000 und 2003

Was kann denn der 1989er so? Teerige Mineralität in der Nase - Fülle, Kraft, ungemein dicht gewebt, schöne florale Töne sind mit drin, Lilien, Veilchen, dazu schöne rote Frucht, wirkt sehr harmonisch. Am Gaumen Mineralik pur, das teert den Gaumen, vierspurig, denn der Wein ist ungemein voll, ein Kraftpaket. Ich hatte ihn vor Jahren schon einmal deutlich zugänglicher, aber auch weniger expressiv im Glas. Was für ein Hammer! Steht auch nach dem 1990er wunderbar, wirkt etwas eukalyptischer, mineralischer als der jüngere Bruder, vielleicht auch einen Tick leichter? Auf jeden Fall bissiger, der hat organoleptisch mehr Säure und mehr Alkohol als der 90er. Dann bringt der Abgang aber noch einmal einen mineralischen Bonustrack, mit dem er den 1990er irgendwie doch noch überholt, auch weil da noch so eine interessante Fleischextraktnote zum Vorschein kommt. 95 von 100 Willipunkten. Das ist der Wein für Weihnachten 2016!

Probieren wir den 1988er! Etwas grüne, fast austere Nase, nahezu ruppig, der braucht Zeit im Glas! Dann kommen mineralische Elemente nach vorne, nicht gleich in die erste Reihe, die drücken sich eher am Bühnenrand herum, "also starring", könnte man sagen. Dennoch geben sie dem Wein Tiefe, das scheint das erste Türchen zur Öffnung zu werden. Am Gaumen dann zum Glück schon etwas weiter als es die Nase versprochen hätte. Vor allem im Anklang von der Mineralik dominiert, recht opulent und voll, auch in der Mitte noch ein Kraftprotz, einigermaßen zugänglich, erst hinten kommt dann der Tanninhammer. Aber wie, das nimmt ihm den Charme. Deutlich zu jung! Schwer zu sagen, ob die Frucht und die Mineralik so lange durchhalten können, wie diese Tannine brauchen werden, um endlich mal weich zu werden. Klappt das, landet der Wein eines Tages mal bei 94 von 100 Willipunkten. Klappts nicht, werden die 89, die ich ihm heute geben kann, das Ende der Fahnenstange gewesen sein. Vielleicht ein Wein für Weihnachten 2023?

Seltsamerweise bringt auch der an sich deutlich rundere 1985er grüne, tanninige Noten in die Nase. Kräuter, etwas unreife Paprika, insgesamt wirkt das eher verhalten. Das ändert sich auch mit viel Luft nicht, er bleibt im Nasenbild etwas grün. Bestenfalls kann man sagen eukalyptisch. Am Gaumen gibt er sich etwas mehr Mühe. Ungemein mineralisch, wunderbar dicht, bei weitem nicht so grünlich. Aber mit Luft wird er eine Spur medizinal. Das Mineralische dominiert aber, mit richtig viel Stoff, recht tief ist das, aber noch bei weitem nicht offen und alles andere als charmant. Wobei - mit viel Luft wird die Sache eukalyptischer, kräutriger, noch kräftiger, vor allem aber deutlich weicher. Nach einer halben Stunde kommen süßliche Portnoten hinzu, etwas Karamell klopft an. Da rundet er sich endlich etwas mehr, das wird, ja, der kommt! Für Weihnachten 2015 ist das ein heißer Kandidat! 92 von 100 Willipunkten, vielleicht legt er da in den nächsten Jahren sogar noch einen drauf.

Der 1983er kommt in der Nase noch unzugänglicher daher, sehr cabernetig, rot-grüne Paprika, das ist ohne die Linkspartei nicht mehrheitsfähig. Immerhin gibt es dazu auch sehr feine mineralische Noten. Mit Luft kommt er ganz gut, endlich auch etwas dunkle Frucht, wobei, das könnten statt Johannisbeeren auch Schlehen sein. Am Gaumen recht harmonisch, etwas zu dezent, da fehlt das ganz große Tiefgang, aber mit schönem Trinkfluss und feiner Frucht unterwegs. Mit mehr Luft entwickelt er dann regelrecht Charme, etwas Kaffee kommt an die Oberfläche, er wird auch mineralischer, plötzlich wirkt auch nicht mehr ganz so leicht. Dennoch bleibt er hinten den ganz großen Jahrgängen etwas zurück. 91 von 100 Willipunkten. Vielleicht für den zweiten Weihnachtsfeiertag, wenn man die Stars schon getrunken hat und mal wieder auf etwas Mittelgroßes Lust hat.
Cos 1982, 1983, 1985, 1988

Der 1982 steckt seinen frère cadet mühelos in die Tasche. Herrliche Nase eines Médoc auf dem Punkt, tiefe Mineralik, unendlich charmant, Veilchen, schwarze Früchte, leicht ankompottiert, verführerisch, das riecht sogar schon süß! Am Gaumen wunderbar blaubeerige Frucht, etwas minzig, der hat eine kieferduftige, leicht teerig-mineralische Power in der Mitte des Gaumens, wie man sie selten findet. Noch immer sehr, sehr jung. Ungemein tief, viel, viel Saft, das hört hinten heraus gar nicht mehr auf. Erst ganz am Ende des Abgangs sind die Tannine noch ruppig. Heute schon 95 von 100 Willipunkten, wird er hinten noch weicher, werden das mühelos auch 98 von 100. Für Weihnachten 2024!

Zeitsprung, gehen wir in Leos Geburtsjahr und probieren wir den 1964er! Schön portige Nase, ungemein süßduftig, ganz die klassischen Portnoten, etwas Karamell dazu, sehr voll, extrem kräftig, wirkt auch ungemein gereift. Mit Luft kommen einige leicht verbrannte Töne heraus. Am Gaumen ein klein wenig dünn, recht prägnante Säure. Eine Spur Port schwingt auch noch mit, doch frisst die Säure das weg, lässt ihn grüner und krautiger erscheinen als die Nase es verheißen hätte. Gewinnt mit Luft, insgesamt bleibt er aber etwas zu oberflächlich und auch deutlich kürzer als man es sich wünschte. Dürfte schon über den Zenit sein. 87 von 100 Willipunkten. Hätte man Weihnachten 2001 trinken sollen.

Na, aber der 1961er, der könnte doch noch stehen? Rosinig der Anklang in der Nase, schöne Mineralität, wirkt sehr fein und hochelegant. Mit Luft kommt die asphaltige Mineralik immer noch besser heraus. Fast schiefrig wirkt das. Dazu eine leicht kompottige Blaubeere. Am Gaumen eine Spur Lakritze im Anklang, teerig, sehr elegant, schöne Tiefe, noch ungemein jung, der Alkohol sticht fast noch ein wenig. Sehr süß, riesige Tiefe, das wird mit Luft immer besser. Großartige Würze, etwas Bratensaft. Mit noch mehr Luft, noch einmal eine Schuhnummer größer, jetzt schon fast ein Riese, sehr jugendlich, ungemein lang, auch mit einem ganz sanften Karamell/Port-Ton am Start. Fast voll auf dem Punkt. Den gibt es Weihnachten 2014! Das sind satte 96 bis 97 von 100 Willipunkten.

Und der 1959er? Zeigt eine fast kleopatrische Nase, herrlich mineralisch, kräftig, dicht, mit viel Tiefe ausgestattet, jede Menge Frucht, ein wenig likörig anmutend, also Mon Chéri in gut, jedenfalls wird die Sache mit Luft immer kirschiger. Am Gaumen sehr fein, schöne Fruchtsüße, die die Säure gut abpuffert, wirkt auch noch sehr jung, hinten aber trotzdem schon etwas auslassend. Mit Luft wird das besser, schöne Balance, den habe ich erst unterschätzt, jetzt wird er fleischextraktiger, auch länger und nachdrücklicher im Abgang. Das ganz leichte Nachlassen am Ende des Abgangs bleibt aber. Es deutet aber darauf hin, dass er vor zwei drei Jahren noch besser gewesen sein dürfte. Noch immer 92 von 100 Willipunkten, wäre der Wein für Weihnachten 2010 gewesen.
Cos 1955, 1959, 1961, 1964

Versuchen wir es mit 1955! Sehr reife Nase, Herbstlaub, dahinter auch noch ein Lüftchen von Frucht, leicht kirschig anmutend. Mit mehr Luft ermüdet er leider noch ein wenig. Am Gaumen fruchtsüß, noch eher jung, keineswegs spiegelt sich hier den Eindruck aus der Nase, dass er schon eher am Ende seines Lebens angelangt sein könnte. Recht nervig, viel Säure, leider auch etwas grünlich wirkend und nicht so opulent wie die zuletzt verkosteten jüngeren Brüder. Auch eine Spur geranig. Insgesamt nicht so eindruckvoll, das sollte aber vor allem am Jahrgang liegen, ein wenig auch daran, dass er tatsächlich seine besten Zeiten schon gesehen haben könnte. Nicht umsonst haben die Schwarzgelben die Restsaufzeitverlängerung wieder zurückgenommen. 85 von 100 Willipunkten. Hätte man Weihnachten 1987 trinken sollen.

Der 1953er wirkt in der Nase ziemlich oxidativ, bratensaftig, deutlich zu reif. Das könnte fast ein Burgunder sein, unterholzig, feuchtes Laub. Gewinnt aber mit Luft, wird karamelliger. Am Gaumen süßer und viel besser als von der Nase her gedacht, auch er ist wieder mit kräftigen Portweintönen unterwegs. Ganz anders als das Nasenbild. Der Port bleibt auch sehr lang und recht fein, nur, bitte, es möge keiner behaupten, das sei Boddoh! Der Abgang ist Ramos Pinto 1885, auch von der Farbe her könnte das hinkommen. Schwer zu bewerten, weil nicht wirklich Wein. Der wäre zu Weihnachten 1990 optimal gewesen. Dennoch, ich mag Portweine, 90 von 100 Willipunkten wären das noch immer.

Vielleicht hat der 1952er mehr auf dem Kasten? Leicht lakritzige Nase, fast ist auch ein Hauch Jauche dabei, so ein wenig Stall bringt er zumindest im Anklang mit. Dazu Veilchen, insgesamt wirkt das sehr seltsam und erneut eher unboddohig. Irgendwann kommen dann auch noch Fichtennadeln dazu, etwas Sauna-Aufguss, der Winzer möge es mir postum verzeihen. Am Gaumen recht säurelastig, grün, pinien- oder fichtennadelig. Überzeugt etwas weniger als der 1953er, weil er zwar jünger wirkt, aber zu säurebetont ist. Ein Charakterwein, sicher, aber etwas uncharmant. Der letzte Schluck war allerdings der beste. Vor allem hinten wird er im Glas noch etwas weicher und besser. 89 von 100 Willipunkten. Wäre wohl der Wein zu Weihnachten 1995 gewesen.

Aber wir haben ja noch den 1950er. Leicht eukalyptische Noten in der Nase, Maulbeeren, Brombeeren, etwas Pflaume, sogar fast noch eine Spur verschlossen, viel Fleischwürze. Mit mehr Luft tritt ein karamelliger Ton hinzu, herrlich! Am Gaumen erst einmal kandissige Fruchtsüße, Orangen, Kirschen, etwas Malz, dann aber auch eine ordentliche Schippe Mineralität. Der mineralischste der älteren Cos dieser Probe. Tolle Länge! Wird mit Luft auch am Gaumen karamelliger, die Säure wird aber auch prägnanter, schöne Fülle, gut gereift. Vielleicht eine Spur vordergründig? Heidelbeerig, im Abgang etwas laktisch, das gibt sich aber mit Luft. Schöner Wein, wirkt deutlich jünger als er ist, bringt aber auch schon eine etwas portige Note mit. Für diesen Jahrgang ein Riesenerfolg. 93 von 100 Willipunkten. Das war der Wein für Weihnachten 2003.

Cos 1928, 1950, 1952, 1953

Kraftvoll und erstaunlich jung auch die Nase des 1949ers. Mineralisch-brombeerig, sehr ausdrucksvoll, mit einem leicht kräutrigen Ton, minzig, fast waldmeistrig, grünlich aber nicht unreif, eher frisch. Nur eine kleine Spur stumpf. Am Gaumen zunächst noch sehr verschlossen. Etwas ruppig, zugleich verhalten in der Frucht. Während die Nase im Glas aber stumpfer wird, macht er am Gaumen auf, wird fleischiger, fruchtsüßer und ein klein wenig orangenfruchtig. Kommt immer besser, nun kommen mandelig-marzipanige Noten ins Spiel, sehr voll, viel Druck, hinten aber ein klein wenig trocknend. Wirkt nach Belüftung unglaublich jung, die Anklänge von Port und Karamell, die die älteren Cos eigentlich alle mitbringen, sind hier sehr verhalten. Schöne Länge, großes Finish, noch immer sehr schön zu trinken. Der käme für Weihnachten durchaus schon in Frage, zumindest mal für das Vorgeplänkel am heiligen Abend. 93 von 100 Willipunkten.

Der 1948er bringt schon reichlich Tertiäraromen in die Nase, das geht ins Oxidative, Welke, der ist deutlich drüber, mit Luft wird das sogar noch ein wenig wackliger. Am Gaumen etwas besser, eine Spur portig, fast so etwas wie Todessüße, trotzdem recht stabil, wahrscheinlich etwas höherer Alkohol. Aber mit Luft gleitet er auch am Gaumen schnell den Berg hinab, es bleibt nur die portige Fülle im Finish. Am nussigsten von allen, auch am portigsten aber schon recht reduziert. Nur noch 85 von 100 Willipunkten, das war der Wein zu Weihnachten 1975.

Vielleicht kann der 1947er noch mehr? Karamellige Nase, in der man fast noch etwas toastige Vanille wahrzunehmen glaubt. Aber auch rote Früchte sind mit drin, dazu eine Spur Pflaume. Mit mehr Luft kommt er dann regelrecht süßkirschig um die Ecke. Am Gaumen kraftvolle Säure, viel teerige Mineralität, dunkle Früchte, viel Extrakt, das entspricht dem Nasenbild. Sehr dunkle Farbe. Recht likörig, dicht gemauert, wirkt noch wunderbar jugendlich. Schöne Länge, trotz der Kraft kommt er harmonisch und elegant über die Zunge. Mit mehr Luft entwickelt er ein faszinierendes Spiel von Süße und fast bissiger Säure. Dann kommt auch wieder der Karamell aus der Nase heraus - und ein Häuchlein Port. Großes Kino, jetzt voll auf dem Punkt, der käme für Weihnachten durchaus in Betracht. 94 von 100 Willipunkten.

Vor der abschließenden Auswahlentscheidung stehen aber noch zwei Weine. Erst der 1945er. Großartige Nase von sehr reifem Cabernet, ein Hauch Paprika, rote Johannisbeeren, etwas Salbei, vielleicht auch eine Spur Sanddorn, was ihm eine zarte Verschlossenheit verleiht, dann kommt schließlich noch eine Prise Minze heraus. Die Nase gewinnt mit Luft noch, wird fleischwürziger, die Frucht kommt jetzt oranger an die Rezeptoren. Am Gaumen kühle Frucht, etwas Fleischextrakt, sehr reif, kühle Mineralik, gute Fülle, dürfte etwas länger sein. Mit mehr Luft wird er etwas süßlicher und damit auch eine Spur stabiler, insgesamt aber vielleicht nicht ganz so kraftvoll, wie man es von so einem Riesenjahr erhoffen könnte. Etwas welkes Laub. Mit noch mehr Luft entfaltet er sich weiter, wird noch ein wenig süßer, fruchtiger, etwas eingekochte Töne sind das jetzt. Er pendelt ein wenig, im einen Moment wirkt er jugendlicher, dann wieder reifer, älter, faszinierend. Am Ende des Abgangs, das mendelt sich so langsam heraus, bleibt aber sehr durchgängig ein frische Frucht stehen. 93 von 100 Willipunkten. Das war der Wein zu Weihnachten 2008.
Cos 1945, 1947, 1948, 1949

Zuletzt wagte ich mich noch an den 1928er. Sensationelle Nase, kräutrig, viel Spiel, angebratener Thymian, fast schokoladig, aber gnadenlos frisch. Dicht, voll, erstaunlich. Wird mit Luft immer besser. Am Gaumen fast noch zu jung, erst noch eine Spur verschlossen, Blaubeeren, dann Kräuter ohne Ende, der angeröstete Thymian ist wieder da, sehr kräftig, ungemein lang, erst noch ein wenig eindimensional auf der Kräuterseite. Das gibt sich mit Luft, vor allem im Anklang. Da wird er wunderbar süß. Herrlich elegant kommt er jetzt daher, nur ganz hinten noch ein ganz klein wenig trocknend und sich verschlankend. Mal sehen, ich gebe ihm noch ein Viertelstündchen, was man nicht tut, für den Lieblingslöwen! Und tatsächlich, nach 30 Minuten hat er das Cabernetige, Grüne ganz und gar abgebaut. Was für ein Wein, der steht perfekt im Glas, jung, voll, saftig, bestens balanciert. Ganz großes Kino. 98 von 100 Willipunkten.

Leo, der ist noch besser als der 1947er. Am besten nimmste den 1947er zur Vorspeise und den 1928er dann zum Filleh! Deine Halterin wird die beiden Weine entweder im Keller haben oder sie schnell noch besorgen!

Zur Sicherheit solltest Du aber bei VIVA noch mal checken, ob 1928er Cos und Rint wirklich zusammen passen!

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