Ramos Pinto Tawny 30 Jahre, abgefüllt 2008
Weh-Weh-Weh
Willis Wein Werkstatt
Heute auf der Hebebühne: Ramos Pinto
Tawny 30 Jahre, abgefüllt 2008
Oha, da hat der Problempeer der SPD doch neulich auf dem Parteikonvent glatt mal eine Träne verdrücken müssen. Bei Auftritt seiner Frau. Und nun vermarkten die Sozialdemokraten das. Frei nach dem Motto: Seht her, so ganz unmenschlich kann er doch nicht sein! Punkten will man damit vor allem bei den Wählerinnen, die dem Peer bislang so gar nichts abgewinnen können.
Vielleicht
sollte man den Gefühlsausbruch für die übliche Wahlkampftour durch
die Republik gleich in einen passenden Slogan ummünzen. Der deutsche
Schlager ist bei sowas immer hilfreich: „Es geht eine Träne auf
Reisen“ hätte ich beispielsweise im Angebot. Das muss dick auf den
Tourbus der Sozen, das wäre es doch, oder? Obwohl, irgendwie wäre
das auch doppeldeutig…
Ach Peer, wärst
Du doch in Düsseldorf geblieben. Über sieben Steinbrücken müssten
die Wählerinnen erst gehen, ehe sie Dir ein Ti Amo zuriefen. Zu sehr
ist noch in Erinnerung, dass Du Deinem Chef, der ausgerechnet auch
noch Gabriel heißt, ganz gunteresk zugerufen hast: „Hey Boss, ich
brauch mehr Geld“ und Dich den Banken als Vortragsredner angeboten
hast. Skandal im Peerbezirk, das grenzt an Prostitution!
Nein,
Frauenversteher geht nicht so, Frauenversteher geht anders. Der
dreißigjährige Tawny Port von Ramos Pinot macht es vor: Der bringt
eine mandelige Nase mit, einen zarten Marzipanhauch, dazu leicht
rumtopfige Frucht, hochintensive Walnuss, die mit mehr Luft immer
heftiger ans Rednerpult drängt. Dezente florale Noten, sogar mit
einer gewissen Mineralität unterwegs, ein Hauch granitiges
Steinmehl. Hinten zarter Karamell, etwas Vanille, sehr sanft.
Am Gaumen dann
monumental. Dicke Walnussigkeit, dazu wieder die Mandeln, feine,
nicht erdrückende Süße, gerade richtig viel, so dass die
anspruchsvolle Weintrinkerin auf dem Sofa neben mir verzückt die
Augen gen Himmel rollt. Der deutliche aber nicht brennende Alkohol
stört sie da schon gar nicht mehr, Erst- und Zweitstimme für Ramos
und für Pinto, der, man stelle sich das bloß vor, bei nur einem
kleinen Buchstabendreher zum schnöden Pinot würde. Das ist fast
schlimmer als die SPD zur PDS zu drehen.
Erst im Abgang
zeigt er richtig, was er kann, da wird der Tropfen immer feiner,
verspielter. Dann kommt das Rosinige, Röstig-Vanillige, Karamellige
nämlich erst voll aus der Deckung, mit floralen und mineralischen
Untertönen. Ein richtiger Blumenstrauß an Aromen, saftig, dicht,
marianengrabentief. Das ist ein echter Top-Athlet, der im ewigen
Kampf von Spitzentawnys gegen Spitzenvintageports sicher für die
Tawnymannschaft punkten könnte. Wenn er einem erstklassigen
Vintageport überhaupt in irgendetwas nachsteht, dann vielleicht
darin, dass er die ganz leichte alkoholische Schärfe nicht völlig
wegpuffern kann, die ein Vintage noch über 50 und mehr weitere Jahre
Reifungsprozess verdauen darf, bis sie gar nicht mehr vorhanden ist.
Aber wer wird
bei diesem großen Wein noch kritisieren wollen? Lieber weiter
reinlauschen, denn da kommt noch etwas. Mit mehr Zeit im Glas zeigen
sich plötzlich Pflaumen im Aromenstrauß, schließlich gesellen sich
auch noch zart oxidative Töne hinzu, die die Nussigkeit noch
großartiger und kraftvoller werden lassen. Ein Monument und ein
Pfundsport, der trotz der leichten Alkoholschärfe ungemein charmant
und weich über den Gaumen geht
Vielleicht gibt es doch noch Hoffnung
für den Problempeer: Den Wählerinnen einfach Tawny kredenzen. Das
wird dann die neue Internationale: Marmor, Stein und Eisen brückt,
wenn Ramos Deine Frau entzückt!
94 von 100 Willipunkten
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